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Darmbakterien steuern unser Gewicht

    Unser Mikrobiom, die Summe aller Darmbakterien, entscheidet, wie gut wir die Nahrung verwerten und beeinflusst so unser Gewicht. Der Zustand dieser Darmflora kann durch unseren Lebensstil und auch durch Fastenkuren entscheidend beeinflusst werden – sowohl im positiven als auch im negativen Sinn.

    Mehr als die Hälfte der Menschen hierzulande kämpft mit überflüssigen Pfunden. Die Motivation zur Gewichtsreduktion steigt vor allem zu Jahresbeginn, im Frühling oder vor dem Sommer. Eine Umfrage der Techniker Krankenkasse ergab, dass rund jede zweite Frau und etwa jeder vierte Mann bereits versucht hat, mit einer Diät abzunehmen – oft jedoch ohne dauerhaften Erfolg. Studien zeigen, dass mindestens 60 Prozent aller Diäten scheitern und in einigen Fällen die Misserfolgsquote sogar bis zu 80 Prozent beträgt. Häufig landet man nach einer Diät wieder beim alten Gewicht oder sogar darüber. Forschungsergebnisse legen nahe: Eine langfristige Gewichtsabnahme erfordert mehr als weniger zu essen – der Darm spielt eine entscheidende Rolle. Denn die etwa 100 Billionen Mikroorganismen in unserem Darm beeinflussen maßgeblich, wie gut wir Nährstoffe aufnehmen und Kalorien verwerten.

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    Darmbakterien beeinflussen unser Gewicht

    Um 2005 entstand erstmals die Hypothese, dass Faktoren neben der Kalorienaufnahme und -verbrennung Einfluss auf das Körpergewicht haben könnten. Forscher in den USA beobachteten, dass Mäuse ohne natürliche Darmbakterien deutlich weniger Körperfett hatten als ihre Artgenossen mit normaler Darmflora. Wurden diese „keimfreien“ Mäuse jedoch mit gewöhnlichen Darmbakterien besiedelt, nahmen sie innerhalb von zwei Wochen an Gewicht und Körperfett zu, obwohl sie weniger fraßen. Die Forscher vermuteten daraufhin, dass Darmbakterien auch beim Menschen eine Rolle in der Gewichtskontrolle spielen könnten.

    Kommt Ihnen das bekannt vor? Auch bei Menschen gibt es „bessere Futterverwerter“, die trotz vermeintlich gleicher Nahrungsmenge schneller zunehmen. Neuere Forschungen zeigen, dass eine veränderte Darmflora zu Gewichtszunahme führen kann. Es gibt signifikante Unterschiede in der Zusammensetzung der Darmflora zwischen Menschen, die leicht an Gewicht zulegen, und solchen, die schlank bleiben.

    Darmbakterien als Schaltstelle für Fettreserven

    Ein Forscherteam um den Biologen Jeffrey Gordon von der Washington University in St. Louis untersuchte die Darmflora übergewichtiger und schlanker Menschen und Mäuse. Sie stellten fest, dass bei übergewichtigen Personen das Verhältnis der beiden Hauptbakteriengruppen, Bacteroidetes und Firmicutes, unausgeglichen ist. Dieser Bakterienmix beeinflusst, wie effizient wir Nahrung verarbeiten und Kalorien aufnehmen. Überschüssige Energie wird schließlich in Fett umgewandelt und an den typischen Stellen wie Bauch und Hüfte gespeichert. Die Darmflora spielt somit eine zentrale Rolle in der Energiegewinnung und Bildung von Fettreserven.

    Effizientere Nahrungsverwertung und Gewichtszunahme

    Vor allem die Firmicutes-Bakterien können Energie auch aus schwer verdaulichen Lebensmitteln gewinnen. Je mehr Firmicutes vorhanden sind, desto mehr Kohlenhydrate werden aufgenommen und schließlich als Fett eingelagert. Schon eine Erhöhung dieser „Moppelbakterien“ um 20 % kann dazu führen, dass täglich 10 % mehr Kalorien verwertet werden, was sich über ein Jahr hinweg auf etwa acht Kilogramm zusätzliches Gewicht summieren kann. Gleichzeitig geht mit zunehmendem Übergewicht auch die bakterielle Vielfalt im Darm verloren. Studien zeigen, dass die Mikrobiota von Übergewichtigen mehr Enzyme bilden, die komplexe Kohlenhydrate abbauen und so mehr Energie bereitstellen – in früheren Zeiten ein Vorteil, heute eher hinderlich.

    Menschen mit Gewichtsproblemen weisen häufig eine geringere Vielfalt der Darmflora auf. Sie besitzen oft nur wenige gesundheitsförderliche Bakterien wie Bifidobakterien oder Akkermansia muciniphilia. Studien belegen, dass eine höhere Akkermansia-Anzahl mit einem niedrigeren Körpergewicht und geringeren Risiken für Zuckerkrankheit und metabolisches Syndrom verbunden ist.

    Ist Fasten gut fürs Mikrobiom?

    Fasten ist prinzipiell sehr gut fürs Mikrobiom. Studien zeigen, dass der vorübergehende Nahrungsverzicht unsere Darmflora vielfältiger macht und sich nützliche Bakterien vermehren. Eine solche artenreiche Darmflora ist eine wichtige Voraussetzung, wenn es darum geht, abzunehmen oder das Gewicht zu halten.

    Allerdings werden durch begleitende Heilfastenmaßnahmen wie „Glaubern“, Darmspülungen, Einläufe oder Kolonhydrotherapie viele günstige Effekte fürs Mikrobiom wieder zunichte gemacht. Diese „Darmreinigungsverfahren“ spülen nicht gezielt nur ungünstige oder schädliche Bakterien aus wie gerne behauptet wird. Leider gehen dabei auch große Mengen nützlicher Mikroorganismen verloren. Die meisten dieser nützlichen Bakterien lassen sich später nicht wieder durch Nahrungsergänzungsmittel zuführen. Prinzipiell lässt sich sagen – und das ist auch durch Studien gut belegt, dass nach Darmreinigungsmaßnahmen das Mikrobiom in einem schlechteren Zustand befindet als vorher. Nach dem Abführen vermehren sich sogar gerade die Bakterien, die Entzündungen begünstigen und Übergewicht fördern.

    Übertragung von Übergewicht

    Die Frage, ob die Darmflora oder die Ernährung zuerst das Übergewicht beeinflusst, ist schwierig zu beantworten. Experimente zeigen jedoch, dass schlanke Mäuse – bei gleicher Kalorienzufuhr – deutlich zunehmen, wenn ihnen die Darmflora übergewichtiger Artgenossen oder übergewichtiger Menschen übertragen wurde. Auch der Jojo-Effekt, bei dem das Gewicht nach Diäten wieder ansteigt, wird von der Darmflora beeinflusst. Eine Studie des Weizmann Institute of Science zeigt, dass die Zusammensetzung der Darmbakterien bei Mäusen, die zuvor auf eine strenge Diät gesetzt wurden, auf Fettanreicherung programmiert bleiben und so zum Jo-Jo-Effekt beitragen. Wurden nun die Darmbakterien der „Diätmäuse“ auf andere schlanke Mäuse übertragen, kam es auch bei ihnen zum typischen Jo-Jo-Effekt. Diese und weitere Studien zeigen, dass das Mikrobiom beim Thema Abnehmen und Gewicht halten eine ganz entscheidende Rolle spielt.

    Wie Sie Ihr Gewicht über den Darm beeinflussen können

    Langfristiges Abnehmen und das Halten des Gewichts gelingen nur, wenn die Darmflora unterstützt wird. Mikrobiomanalysen können Aufschluss über das Darmbakterienprofil geben. Synbiotische Nahrungsergänzungsmittel, die Probiotika und präbiotische Ballaststoffe enthalten, fördern die Vielfalt der Darmbakterien. Lebensmittel wie Gemüse, Obst, Nüsse, pflanzliche Öle und Fisch sowie präbiotische Ballaststoffe in Haferflocken, Hülsenfrüchten und Zwiebeln unterstützen eine gesunde Darmflora.